Fachinformation

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Betaferon®

Bayer (Schweiz) AG

Zusammensetzung

Wirkstoffe

Interferonum beta-1b ADNr (rekombinantes Interferon beta-1b, gentechnisch hergestellt mittels eines Stammes von Escherichia coli).

Hilfsstoffe

Praeparatio cryodesiccata: Albuminum humanum, Mannitolum, Acidum hydrochloridum (zur pH-Einstellung), Natrii hydroxidum (zur pH-Einstellung).

Lösungsmittel (Natriumchloridlösung 5,4 mg/ml (0.54 % G/V)): Natrii chloridum, Aqua ad iniectabilia.

1 ml rekonstituierte Lösung enthält max. 2,955 mg Natrium.

Darreichungsform und Wirkstoffmenge pro Einheit

Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung

1 Durchstechflasche (Pulver) zu:

9,6 Millionen IU (300 Mikrogramm) Interferonum beta-1b ADNr bei einer kalkulierten Überfüllung von 20%.

Lösungsmittel

1 Fertigspritze zu 1,2 ml 0,54% (m/V) Natriumchlorid-Lösung.

Rekonstituierte Lösung

Nach Rekonstitution enthält 1 ml 8 Mio. IU (250 Mikrogramm) Interferonum beta-1b ADNr.

Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten

Betaferon ist indiziert:

Bei Patienten mit einem ersten klinischen, auf Multiple Sklerose hinweisenden neurologischen Ereignis («Clinically Isolated Syndrome» – isoliertes klinisches Syndrom), wenn andere Diagnosen ausgeschlossen sind und wenn ein hohes Risiko für das Auftreten einer klinisch gesicherten Multiplen Sklerose besteht.

Zur Verminderung der Schubrate und der Schubstärke bei gehfähigen Patienten mit schubförmig-remittierend verlaufender multipler Sklerose (MS). - Bei Patienten mit sekundär chronisch-progredienter Multipler Sklerose, die sich in einem aktiven Krankheitsstadium befinden, d.h. klinische Schübe erfahren.

Dosierung/Anwendung

Die Behandlung mit Betaferon sollte unter Aufsicht eines Arztes/einer Ärztin erfolgen mit Erfahrung in der Behandlung von MS.

Um die Rückverfolgbarkeit von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln sicherzustellen, wird empfohlen, Handelsname und Chargennummer bei jeder Behandlung zu dokumentieren.

Erwachsene

Die empfohlene Dosis Betaferon beträgt 8 Millionen IU (250 Mikrogramm), die alle zwei Tage subkutan injiziert werden. 8 Millionen IU sind in 1 ml der rekonstituierten Lösung enthalten.

Grundsätzlich wird empfohlen, die Behandlung mit Dosistitration zu beginnen.

Am Anfang wird ein Viertel der Dosis (d.h. 2 Mio. IU [62,5 Mikrogramm]) verabreicht und über vier Wochen wird die Dosis auf 8 Mio. IU (250 Mikrogramm) erhöht (siehe Tabelle für Dosistitration). Die Titrationsphase kann entsprechend der individuellen Verträglichkeit angepasst werden.

In der Studie an Patienten mit einem einzelnen klinischen Ereignis wurde die Dosierung entsprechend untenstehender Tabelle gesteigert.

Tabelle: Schema für die Dosistitration*

Tag der Behandlung

Dosis

Volumen

1, 3, 5

62,5 Mikrogramm

0,25 ml

7, 9, 11

125 Mikrogramm

0,5 ml

13, 15, 17

187,5 Mikrogramm

0,75 ml

>19

250 Mikrogramm

1,0 ml

 

* Das in der Studie an Patienten mit einem einzelnen, auf Multiple Sklerose hindeutenden klinischen Ereignis verwendete Titrationsschema. Die Titrationsphase kann entsprechend der individuellen Verträglichkeit angepasst werden.

Dauer der Behandlung

Zurzeit ist noch nicht geklärt, wie lange Patienten behandelt werden sollen. Die Wirksamkeit einer Behandlung von bis zu drei Jahren konnte bei sekundär chronisch-progredienter MS in einer kontrollierten klinischen Studie gezeigt werden (zwei Jahre bei schubförmig-remittierender MS).

Bei Patienten mit einem ersten klinischen, auf MS hinweisenden Ereignis wurde die Wirksamkeit über einen Zeitraum von fünf Jahren belegt.

Die Entscheidung, ob eine Behandlung länger fortgeführt wird, sollte nach umfassender klinischer Beurteilung vom behandelnden Arzt individuell getroffen werden.

Wenn bei einem Patienten der Behandlungserfolg ausbleibt, z.B. bei stetiger Progression in der «Expanded Disability Status» Skala (EDSS) über einen Zeitraum von 6 Monaten oder wenn trotz Betaferon-Behandlung eine Therapie mit ACTH oder Kortikosteroiden mit 3 oder mehr Behandlungszyklen innerhalb eines Jahres erforderlich wird, sollte die Behandlung gestoppt werden.

Art der Anwendung

Zur subkutanen Injektion.

Geeignete Injektionsstellen sind die hinteren Oberarme, die Abdominalregion mit Ausnahme der Umbilicalregion, das Gesäss sowie die vorderen Oberschenkel.

Der Wechsel der Injektionsstellen vermindert lokale Nebenwirkungsreaktionen.

Die Patienteninformation enthält eine detaillierte Anwendungsanweisung zur Selbstinjektion.

Kinder und Jugendliche

Es wurden keine randomisierten kontrollierten klinischen oder pharmakokinetischen Studien bei Kindern und Jugendlichen durchgeführt. Es gibt Daten aus Beobachtungsstudien über die subkutane Verabreichung von 8 Millionen IU (250 Mikrogramm) Betaferon alle zwei Tage bei Jugendlichen im Alter von 12 bis 18 Jahren. Da praktisch keine Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern <12 Jahren vorliegen, soll Betaferon bei dieser Altersgruppe nicht angewendet werden.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegenüber natürlichem oder rekombinantem Interferon beta oder humanem Albumin oder einem der Hilfsstoffe gemäss Zusammensetzung.

Betaferon ist unter folgenden Bedingungen kontraindiziert:

bei Patienten mit schweren depressiven Erkrankungen und/oder Suizidneigung in der Anamnese;

bei Leberinsuffizienz;

bei Patienten mit einer durch eine Behandlung nicht adäquat kontrollierten Epilepsie.

Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen

Psychiatrische Störungen

Betaferon sollte mit Vorsicht angewendet werden bei Patienten mit vorbestehenden oder aktuellen depressiven Störungen, insbesondere bei Patienten mit früher vorhandener Suizidneigung. Es ist bekannt, dass Depression und Suizidneigung bei Patienten mit MS und Interferonbehandlung vermehrt auftreten. Patienten, die mit Betaferon behandelt werden, sollen angewiesen werden, Symptome einer Depression oder Suizidneigung unmittelbar ihrem behandelnden Arzt zu berichten. Patienten, die an Depression leiden, sollten während der Therapie mit Betaferon engmaschig beobachtet und entsprechend behandelt werden. Gegebenenfalls ist ein Abbruch der Betaferon-Behandlung in Betracht zu ziehen (siehe «Kontraindikationen» und «Unerwünschte Wirkungen»).

Betaferon sollte mit Vorsicht angewendet werden bei Patienten mit Krampfanfällen in der Anamnese, bei Patienten, die mit Antiepileptika behandelt werden und besonders bei solchen Patienten, deren Epilepsie nicht adäquat mit Antiepileptika kontrolliert werden kann.

Herz

Vorsicht ist bei vorbestehenden Herzleiden geboten.

Patienten mit vorbestehenden relevanten Herzleiden wie Herzinsuffizienz, koronarer Herzkrankheit oder Herzrhythmusstörungen sollten insbesondere zu Beginn der Behandlung mit Betaferon kardial überwacht werden.

Betaferon besitzt zwar keine bekannte direkte kardiotoxische Wirkung, die Symptome des mit Beta-Interferonen einhergehenden Grippe-artigen Syndroms (Fieber, Schüttelfrost, Tachykardie) können sich für Patienten mit vorbestehenden relevanten Herzleiden jedoch als belastend erweisen. Im Rahmen der Postmarketing-Phase gingen sehr selten Berichte über eine Verschlechterung des kardialen Zustands bei Patienten mit vorbestehenden relevanten Herzleiden ein, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn einer Betaferon-Therapie standen.

Es wurde über Fälle von Kardiomyopathie berichtet; wird ein Zusammenhang mit Betaferon vermutet, so ist die Behandlung abzubrechen.

Laboruntersuchungen

Zusätzlich zu den normalerweise zur Überwachung von MS-Patienten erforderlichen Laboruntersuchungen wird empfohlen, vor Beginn der Therapie mit Betaferon sowie danach regelmässig, auch bei Fehlen von Symptomen, periodisch die folgenden Untersuchungen durchzuführen: grosses Blutbild einschliesslich Differenzialblutbild, Thrombozytenzahl und klinische Chemie einschliesslich Leberfunktionstests wie ASAT (SGOT), ALAT (SGPT) und gamma-GT (siehe auch «Unerwünschte Wirkungen»). Bei gestörter Schilddrüsenfunktion in der Anamnese oder bei entsprechender Indikation werden regelmässige Schilddrüsenfunktionstests empfohlen. Anämie, Thrombozytopenie oder Leukopenie (allein oder kombiniert) können eine intensivere Überwachung des grossen Blutbilds einschliesslich Differenzialblutbild und Plättchenzahl erfordern.

Patienten, bei denen sich eine Neutropenie entwickelt, sollten engmaschig hinsichtlich des Auftretens von Fieber oder eines Infektes beobachtet werden.

Hepatobiliäre Störungen

In klinischen Studien kam es unter Behandlung mit Betaferon sehr häufig zum asymptomatischen Anstieg der Serumtransaminasen, der in den meisten Fällen gering und vorübergehend war (vgl. auch «Unerwünschte Wirkungen»).

Betaferon kann wie andere Beta-Interferone Fälle von schweren Leberschädigungen verursachen, darunter auch Leberversagen. Die schwersten Fälle traten häufig bei Patienten auf, die gleichzeitig mit Arzneimitteln behandelt wurden, welche mit Hepatotoxizität assoziiert werden oder bei Patienten mit co-morbiden medizinischen Bedingungen (z.B. metastasierende maligne Krankheiten, ernsthafte Infektionen und Sepsis oder Alkohol Missbrauch).

Patienten sollten in Bezug auf Hinweise auf Leberschäden überwacht werden.

Ein Anstieg der Serumtransaminasen sollte Anlass zu einer engmaschigen Kontrolle und diagnostischen Abklärung sein. Das Absetzen von Betaferon ist bei erheblichem Anstieg der Transaminasen oder Symptomen wie Ikterus in Betracht zu ziehen. Ergeben sich keine klinischen Hinweise für eine Leberschädigung und haben sich die Leberenzyme wieder normalisiert, so ist die Wiederaufnahme der Therapie mit adäquater Kontrolle der Leberfunktion zu erwägen.

Nephrotisches Syndrom

Fälle von nephrotischem Syndrom mit unterschiedlichen zugrundeliegenden Nephropathien, einschliesslich der kollabierenden Form der fokal segmentalen Glomerulosklerose (FSGS), Minimal-Change-Glomerulonephritis (MCG), membranoproliferativen Glomerulonephritis (MPGN) und membranösen Glomerulopathie (MGN) wurden während der Behandlung mit Interferon-beta Produkten berichtet. Ereignisse wurden zu verschiedenen Zeitpunkten der Behandlung berichtet und können nach mehreren Jahren der Behandlung mit Interferon-beta auftreten. Eine regelmässige Überprüfung auf frühe Anzeichen oder Symptome, wie z.B. Ödeme, Proteinurie und Nierenfunktionsstörungen, besonders bei Patienten mit einem erhöhten Risiko von Nierenerkrankungen, wird empfohlen. Eine sofortige Behandlung des nephrotischen Syndroms ist erforderlich und ein Abbruch der Behandlung mit Betaferon sollte in Erwägung gezogen werden.

Thrombotische Mikroangiopathie (TMA) und hämolytische Anämie (HA)

Bei der Behandlung mit Interferon beta-Arzneimitteln wurden Fälle von thrombotischer Mikroangiopathie, die sich als thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) oder hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) manifestierte, einschliesslich Fälle mit Todesfolge, berichtet. Zu den frühen klinischen Zeichen gehören Thrombozytopenie, Neuauftreten einer Hypertonie, Fieber, ZNS-Symptome (z.B. Verwirrtheit und Parese) und eingeschränkte Nierenfunktion. Zu den Laborbefunden, die auf TMA hinweisen können, gehören verminderte Thrombozytenzahlen, erhöhter Serum-Laktatdehydrogenase (LDH)-Spiegel aufgrund von Hämolyse sowie Schistozyten (fragmentierte Erythrozyten) im Blutausstrich. Daher werden beim Beobachten klinischer Zeichen einer TMA weitere Untersuchungen des Thrombozytenspiegels, der Serum-LDH, des Blutausstriches und der Nierenfunktion empfohlen. Ferner wurde nach Anwendung von Interferon beta-Arzneimitteln einschliesslich Betaferon über Fälle von hämolytischer Anämie (HA), die nicht mit TMA assoziiert waren, darunter auch immunhämolytische Anämie, berichtet. Es wurden lebensbedrohende und tödliche Fälle gemeldet. Die Fälle von TMA und/oder HA wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten während der Behandlung gemeldet und können mehrere Wochen bis mehrere Jahre nach Beginn der Behandlung mit Interferon-beta auftreten. Bei Diagnose einer TMA und/oder HA, und wenn ein Zusammenhang mit Betaferon vermutet wird, ist eine umgehende Behandlung (im Falle einer TMA ggf. mit Plasmaaustausch) erforderlich und ein sofortiges Absetzen von Betaferon wird empfohlen.

Allgemeine Störungen und Lokalreaktionen

Es können schwere Unverträglichkeitsreaktionen auftreten (akute Reaktionen wie Bronchospasmus, Anaphylaxie und Urtikaria).

Nach Anwendung von Betaferon wurden Fälle von Infektionen und Nekrose an der Injektionsstelle beobachtet. Typischerweise tritt eine Nekrose an der Injektionsstelle innerhalb der ersten vier Monate der Therapie auf; es sind aber auch Postmarketing-Berichte über das Auftreten von Nekrosen an der Injektionsstelle über ein Jahr nach Beginn der Therapie eingegangen. Die Nekrose kann ausgedehnt sein und Muskelfaszie und Fettgewebe erfassen . Gelegentlich wird ein chirurgisches Débridement oder seltener eine Hauttransplantation erforderlich. Die Heilung kann bis zu 6 Monate dauern und mit Narbenbildung einhergehen.

Die Patienten sind anzuweisen, beim Auftreten von Hautläsionen, eventuell mit Schwellung oder Austritt von Flüssigkeit aus der Injektionsstelle, vor weiteren Injektionen von Betaferon den Arzt zu fragen.

Falls bei einem Patienten mehrere Läsionen bestehen, sollte die Behandlung mit Betaferon bis zu deren Abheilung unterbrochen werden.

Patienten mit einzelnen Läsionen können, vorausgesetzt die Nekrose ist nicht zu ausgedehnt, die Behandlung mit Betaferon fortsetzen, da bei einigen Patienten eine Abheilung der Nekrosen während der Behandlung mit Betaferon stattgefunden hat.

Um das Risiko des Entstehens von Infektionen und Nekrosen an der Injektionsstelle zu minimieren, sollten die Patienten angewiesen werden:

eine aseptische Injektionstechnik anzuwenden;

bei jeder Applikation eine neue Injektionsstelle zu verwenden.

Verwendung eines Autoinjektors

Das Auftreten von Reaktionen an der Injektionsstelle kann durch den Einsatz eines Autoinjektors verringert werden. In der Pivotal-Studie an Patienten mit einem einzelnen, auf MS hindeutenden klinischen Ereignis wurde bei der Mehrheit der Patienten ein Autoinjektor eingesetzt. In dieser Studie wurden an der Injektionsstelle weniger häufig Reaktionen oder Nekrosen beobachtet als in anderen Pivotal-Studien.

Die Selbstinjektionstechnik sollte regelmässig mit den Patienten überprüft werden, besonders dann, wenn Reaktionen an den Injektionsstellen aufgetreten sind.

Immunogenität

Wie mit allen therapeutischen Proteinen besteht die Möglichkeit der Immunogenität (siehe auch «Unerwünschte Wirkungen/Immunogenität»). Die Entscheidung zur Fortsetzung oder zum Abbruch der Behandlung sollte auf dem gesamten Krankheitsbild des Patienten, anstatt nur auf dem Status für neutralisierende Antikörper beruhen.

Störungen des Immunsystems

Die Gabe von Zytokinen wurde bei Patienten mit vorbestehender monoklonaler Gammopathie in Zusammenhang gebracht mit der Entwicklung eines Capillary-Leak-Syndroms mit schockähnlichen Symptomen und tödlichem Ausgang.

Gastrointestinale Störungen

Unter der Behandlung mit Betaferon wurden Fälle von Pankreatitis beobachtet, die oft mit einer Hypertriglyceridämie verbunden waren.

Natrium

Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro ml, d.h. es ist nahezu «natriumfrei».

Interaktionen

Mit Betaferon wurden keine Interaktionsstudien durchgeführt.

Die Auswirkung von Betaferon auf den Arzneimittelstoffwechsel anderer Medikamente ist nicht bekannt. Die gleichzeitige Behandlung von Rezidiven mit Kortikosteroiden oder ACTH über Zeiträume von bis zu 28 Tagen wurde von Patienten, die Betaferon in unkontrollierten klinischen Studien erhielten, gut vertragen.

Der Gebrauch von Betaferon mit anderen Immunmodulatoren als ACTH oder Cortikoiden wurde nicht untersucht.

Es ist berichtet worden, dass Interferone die Aktivität der Zytochrom-P450-abhängigen hepatischen Enzyme bei Menschen und Tieren verringern können. Bei gleichzeitiger Anwendung anderer Substanzen, die eine geringe therapeutische Breite besitzen und deren Clearance stark abhängig vom Zytochrom-P450-System ist, soll Betaferon mit Vorsicht angewendet werden. Zusätzliche Vorsicht ist geboten bei jeder Co-Medikation, die einen Effekt auf das hämatopoetische System hat.

Schwangerschaft, Stillzeit

Schwangerschaft

Daten aus Schwangerschaftsregistern an über 1000 Patientinnen und Post-Marketing- Erfahrungen über die Verwendung von Interferon beta-1a und 1b bei schwangeren Frauen mit Exposition vor allem während des ersten Trimesters deuten darauf hin, dass die Häufigkeit von angeborenen Fehlbildungen bei deren Kindern mit dem geschätzten Hintergrundrisiko in der Allgemeinbevölkerung vergleichbar war. Die Erfahrungen mit Exposition gegenüber Interferonen während des zweiten und dritten Trimenons sind sehr limitiert.

Basierend auf Tierstudien besteht ein möglicherweise erhöhtes Risiko für Spontanaborte. Das Risiko eines Spontanaborts bei schwangeren Frauen, die Interferon-beta ausgesetzt sind, kann anhand der derzeit verfügbaren Daten nicht ausreichend beurteilt werden. Die Daten deuten jedoch bislang nicht auf ein erhöhtes Risiko hin.

Es liegen keine kontrollierten Studien an schwangeren Frauen mit Interferon beta-1b vor.

Wenn klinisch notwendig, kann Betaferon in der Schwangerschaft eingesetzt werden.

Stillzeit

Begrenzte Informationen über den Übergang von Interferon beta-1b in die Muttermilch zusammen mit den chemischen / physiologischen Eigenschaften von Interferon beta-1b lassen annehmen, dass die in die Muttermilch ausgeschiedenen Mengen von Interferon beta-1b vernachlässigbar sind. Bei gestillten Säuglingen von Frauen, die mit Interferon beta-1b behandelt wurden, wurden keine schädlichen Wirkungen berichtet, die bisher dazu vorliegenden Daten sind jedoch sehr limitiert.

Betaferon kann während der Stillzeit angewendet werden.

Fertilität

Es wurden keine Untersuchungen zur Fertilität durchgeführt (siehe «Präklinische Daten»).

Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen

Es wurden keine entsprechenden Studien durchgeführt. Durch Betaferon bedingte unerwünschte zentralnervöse Wirkungen können bei empfindlichen Patienten die Fähigkeit beeinflussen, Fahrzeuge zu führen und Maschinen zu bedienen.

Unerwünschte Wirkungen

Grippeartige Symptome mit Fieber, Schüttelfrost, Arthralgie, Kopfschmerz, Myalgie, Unwohlsein oder Schwitzen wurden häufig beobachtet. Die Inzidenz der Symptome nahm im Laufe der Zeit ab. Grippeähnliche Symptome können mit NSAIDs reduziert werden.

Reaktionen an der Injektionsstelle (z.B. Rötung, Schwellung, Verfärbung, Entzündung, Schmerz, Überempfindlichkeit, Infektion, Nekrose und nicht spezifische Reaktionen) traten nach Applikation von Betaferon häufig auf. Die Inzidenz der Reaktionen am Injektionsort nahm gewöhnlich im Laufe der Zeit ab.

Die schwersten gemeldeten Nebenwirkungen sind thrombotische Mikroangiopathie (TMA) und hämolytische Anämie (HA).

Betaferon enthält als Hilfsstoff Humanalbumin, extrahiert aus menschlichem Plasma. Eine Übertragung bekannter und unbekannter Erreger kann nicht völlig ausgeschlossen werden.

Nachfolgend sind die unerwünschten Wirkungen, welche unter Behandlung mit Betaferon aufgetreten sind, aufgeführt. Eine unerwünschte Wirkung ist als solche definiert, wenn die Inzidenz in klinischen Studien mindestens 2% höher war als bei Placebo-behandelten Patienten. Der zu einer bestimmten unerwünschten Wirkung am besten passenden MedDRA Ausdruck ist aufgelistet.

Die Häufigkeitsangaben basieren auf 4 klinischen Studien (RRMS – Studien-Nr. 13103, SPMS-EU - Studien-Nr. 93079, SPMS-NA – Studien-Nr. 3112, BENEFIT- Studien-Nr. 304747) durchgeführt mit insgesamt 1407 Betaferon- und 965 Placebo-Patienten und sind wie folgt definiert:

Sehr häufig: ≥1/10, Häufigkeit angegeben in %; häufig: ≥1/100 bis ≤1/10.

Für unerwünschte Wirkungen, welche nur nach der Markteinführung beobachtet wurden, kann keine zuverlässige Häufigkeitsangabe gemacht werden. Diese werden deswegen ohne Häufigkeit angegeben.

Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems

Sehr häufig: Lymphozyten <1500/mm³ (86%)¹, Neutrophile <1500/mm³ (13%)¹, Leukozyten <3000/mm³ (13%)¹.

Häufig: Lymphknotenschwellung.

Häufigkeit unbekannt: Anämie, Thrombozytopenie, Leukopenie, thrombotische Mikroangiopathie, einschliesslich der thrombotischen thrombozytopenischen Purpura/dem hämolytisch-urämischen Syndrom, hämolytische Anämie*.

Erkrankungen des Immunsystems

Häufigkeit unbekannt: Anaphylaktische Reaktion, Entwicklung eines Capillary-Leak-Syndrom bei vorbestehender monoklonaler Gammopathie.

Endokrine Erkrankungen

Häufigkeit unbekannt: Hyperthyreose, Hypothyreose, Schilddrüsenfunktionsstörung.

Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen

Häufigkeit unbekannt: Erhöhte Triglyzeride, Anorexie, Gewichtsabnahme, Gewichtszunahme.

Psychiatrische Erkrankungen

Häufigkeit unbekannt: Depression, Verwirrung, Angst, Stimmungslabilität, Suizidversuch.

Erkrankungen des Nervensystems

Sehr häufig: Kopfschmerzen (50%), Schlaflosigkeit (21%), Koordinationsstörungen (17%).

Häufigkeit unbekannt: Epileptische Anfälle, Schwindel.

Herzerkrankungen

Häufigkeit unbekannt: Kardiomyopathie, Tachykardie, Palpitationen.

Gefässerkrankungen

Häufig: Hypertonie.

Häufigkeit unbekannt: Vasodilatation.

Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums

Häufig: Dyspnoe.

Häufigkeit unbekannt: Bronchospasmus.

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Sehr häufig: Abdominalschmerzen (16%).Häufigkeit unbekannt: Übelkeit, Erbrechen, Pankreatitis, Diarrhö.

Leber- und Gallenerkrankungen

Sehr häufig: Erhöhte ALAT (12%)1.

Häufig: Erhöhte ASAT1.

Häufigkeit unbekannt: Erhöhte Bilirubin, erhöhte Gamma-GT, Hepatitis, Leberversagen.

Erkrankungen der Haut und des Unterhautgewebes

Sehr häufig: Exanthem (21%), Dermatose (10%).

Häufigkeit unbekannt: Haarausfall, Urtikaria, Pruritus, Hautverfärbung.

Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen

Sehr häufig: Erhöhter Muskeltonus (40%), Myalgie (23%).

Häufigkeit unbekannt: Arthralgie, Arzneimittel-induzierter Lupus erythematodes.

Erkrankungen der Nieren und Harnwege

Sehr häufig: Harndrang (11%).

Häufigkeit unbekannt: Nephrotisches Syndrom, Glomerulosklerose (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).

Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse

Häufig: Metrorrhagie², Impotenz³.

Häufigkeit unbekannt: Menstruationsstörung², Menorrhagie².

Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort

Sehr häufig: Reaktionen am Injektionsort (diverse) (78%)**, grippeartiger Symptomenkomplex (57%)***, Schüttelfrost (21%), Fieber (31%), , Schmerz (42%), peripheres Ödem (12%), Asthenie (53%).

Häufig: Nekrose an der Injektionsstelle, Unwohlsein, Schmerz in der Brust.

Häufigkeit unbekannt: Schwitzen.

¹ Abweichende Laborwerte.

² Prä-menopausale Frauen.

³ Männer.

* Es wurden lebensbedrohende und tödliche Fälle gemeldet.

** «Reaktionen an der Injektionsstelle (diverse)» umfasst alle unerwünschten Reaktionen an der Injektionsstelle (ausgenommen Nekrosen), z.B. folgende Termini: Atrophie an der Injektionsstelle, Ödem an der Injektionsstelle, Blutung an der Injektionsstelle, Überempfindlichkeitsreaktion an der Injektionsstelle, Infektion an der Injektionsstelle, Entzündung an der Injektionsstelle, Schwellung an der Injektionsstelle, Schmerz an der Injektionsstelle und Reaktion an der Injektionsstelle .

*** «Grippeartiger Symptomenkomplex» bezeichnet Grippesyndrom und/oder eine Kombination von mindestens zwei folgender unerwünschten Wirkungen: Fieber, Schüttelfrost, Myalgie, Unwohlsein, Schwitzen.

Immunogenität

Wie mit allen therapeutischen Proteinen besteht die Möglichkeit der Immunogenität. In kontrollierten klinischen Studien untersuchte man alle 3 Monate Serumproben, um die Entwicklung von Antikörpern gegen Betaferon zu überwachen. In den verschiedenen kontrollierten klinischen Prüfungen entwickelten 23–41% der Patienten eine durch mindestens zwei aufeinander folgende positive Titer bestätigte neutralisierende Aktivität im Serum gegen Interferon beta-1b; 43–55% dieser Patienten konvertierten in der nachfolgenden Beobachtungsphase der betreffenden Studie zu einem stabilen Antikörper-negativen Status (basierend auf zwei aufeinander folgenden negativen Titern).

Die Entwicklung einer neutralisierenden Aktivität ist assoziiert mit einem Rückgang der klinischen Wirksamkeit, jedoch ausschliesslich in Bezug auf die Schubhäufigkeit. Einige Analysen lassen vermuten, dass dieser Effekt bei Patienten mit höheren Titern von neutralisierender Aktivität stärker ausgeprägt sein könnte.

In der Studie an Patienten mit erstmaligem auf eine MS hinweisenden klinischen Ereignis wurde im Rahmen der alle 6 Monate vorgenommenen Bestimmungen eine neutralisierende Aktivität bei 32% der mit Betaferon früh behandelten Patienten beobachtet. Von diesen kehrten 60% während eines Zeitraums von 5 Jahren auf einen negativen Status zurück. Während dieses Zeitraums war das Auftreten einer neutralisierenden Aktivität nicht mit einer Verminderung der klinischen Wirksamkeit verbunden. Diese schliesst ein die Zeit bis zu einer klinisch gesicherten MS (CDMS – clinically definite multiple sclerosis), die Zeit bis zur bestätigten EDSS Progression und die Schubrate.

Neue unerwünschte Ereignisse wurden nicht mit dem Auftreten neutralisierender Aktivität in Verbindung gebracht.

In-vitro-Untersuchungen haben Kreuzreaktionen von Betaferon mit natürlichem Interferon beta gezeigt. Jedoch wurde dies nicht in vivo untersucht, und die klinische Bedeutung dieser Ergebnisse ist ungewiss. Die wenigen nicht schlüssigen Daten von Patienten mit beendeter Betaferon-Behandlung, bei denen sich eine neutralisierende Aktivität entwickelt hat, lassen keine Schlussfolgerungen zu.

Die Entscheidung zur Fortsetzung oder zum Abbruch der Behandlung sollte auf dem gesamten Krankheitsbild des Patienten, anstatt nur auf dem Status für neutralisierende Antikörper beruhen.

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von grosser Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung über das Online-Portal ElViS (Electronic Vigilance System) anzuzeigen. Informationen dazu finden Sie unter www.swissmedic.ch.

Überdosierung

Bei Krebspatienten im Erwachsenenalter wurden dreimal wöchentlich bis zu 5,5 mg (176 Millionen IU) Interferon beta-1b ADNr intravenös injiziert, ohne dass es zu schwerwiegenden, lebenswichtige Funktionen beeinträchtigenden Nebenwirkungen kam. Bei anderen Patienten, insbesondere MS-Patienten, liegen keine Erfahrungen mit Überdosierung vor.

Eigenschaften/Wirkungen

ATC-Code

L03AB08

Wirkungsmechanismus

Interferon beta-1b ADNr ist ein gereinigtes, steriles, Iyophilisiertes Protein, das durch rekombinante Techniken aus einem Escherichia-coli-Stamm gewonnen wird, der ein gentechnisch hergestelltes Plasmid mit einem modifizierten humanen Interferon-betaser17-Gen enthält.

Interferone gehören zu den Zytokinen, natürlich vorkommenden Proteinen. Die Molekulargewichte von Interferonen liegen im Bereich von 15'000 bis 21'000 Dalton. Es wurden drei Hauptklassen von Interferonen identifiziert: Alpha-, Beta- und Gamma-lnterferone. Die biologischen Wirkungen von Alpha-, Beta- und Gamma-lnterferonen überlappen sich zwar, sind jedoch unterschiedlich. Die Wirkungen von Interferon beta-1b ADNr sind spezies-spezifisch, so dass die wichtigsten pharmakologischen Informationen über Interferon beta-1b ADNr aus Untersuchungen an menschlichen Zellkulturen oder aus In-vivo-Studien am Menschen stammen.

Für Interferon beta-1b ADNr konnten in-vitro sowohl antivirale als auch immunregulatorische Wirkungen nachgewiesen werden. Die Wirkungsweise von Interferon beta-1b ADNr bei MS ist nicht genau geklärt. Es ist jedoch bekannt, dass die biologischen Eigenschaften von Interferon beta-1b ADNr, welche die Immunantwort beeinflussen, durch Wechselwirkungen mit spezifischen Zellrezeptoren auf der Oberfläche menschlicher Zellen vermittelt werden. Die Bindung von Interferon beta-1b ADNr an diese Rezeptoren führt zur Bildung einer Reihe von Genprodukten, die als Vermittler der biologischen Wirkungen von Interferon beta-1b ADNr betrachtet werden. Eine Reihe dieser Produkte wurde im Serum und in Zellfraktionen im Blut von Patienten nachgewiesen, die mit Interferon beta-1b ADNr behandelt wurden. Interferon beta-1b ADNr führt sowohl zu einer Verminderung der Bindungsaffinität als auch zu einer Verstärkung von Internalisierung und Abbau des Interferon-γ-Rezeptors. Ausserdem verstärkt Interferon beta-1b ADNr die Suppressoraktivität peripherer Lymphozyten (mononukleäre Zellen).

Es wurde nicht untersucht inwieweit Betaferon einen Einfluss auf das kardiovaskuläre System, auf das respiratorische System oder auf die Funktion endokriner Organe hat.

Pharmakodynamik

Interferone gehören zur Familie von natürlich vorkommenden Proteinen, den Cytokinen. Es wurde gezeigt, dass Interferon beta-1b sowohl antivirale als auch immunregulatorische Aktivitäten besitzt. Die Wirkungsweise von Interferon beta-1b bei Multipler Sklerose ist nicht genau geklärt. Es ist jedoch bekannt, dass die reaktionsmodifizierenden Eigenschaften von Interferon beta-1b durch seine Wechselwirkungen mit spezifischen Zellrezeptoren auf der Oberfläche menschlicher Zellen vermittelt werden. Interferon beta-1b verringert einerseits die Bindungsaffinität und verstärkt andererseits die Internalisierung und den Abbau des Interferon-γ-Rezeptors. Interferon beta-1b verstärkt auch die supprimierende Aktivität peripherer mononukleärer Blutzellen.

Klinische Wirksamkeit

Sekundär chronisch-progrediente MS

Es wurden zwei kontrollierte klinische Studien (SPMS-EU, SPMS-NA) zu Betaferon bei Patienten mit sekundär progredient verlaufender Multipler Sklerose (EDSS Werte zu Studienbeginn: 3-6,5, d.h. die Patienten waren gehfähig) durchgeführt. In der SPMS-EU-Studie waren 360 Betaferon- und 358 Placebo-Patienten, in der SPMS-NA 317 Betaferon- und 308 Placebo-Patienten eingeschlossen. Patienten mit sekundär chronisch-progredienter Verlaufsform zeigten unter der Behandlung mit Betaferon eine Verzögerung des Voranschreitens der Behinderung von bis zu 12 Monaten. Dies traf auch auf die Zeitspanne bis zum Erreichen eines fortgeschrittenen Behinderungsgrades, d.h. Rollstuhlabhängigkeit, zu. Diese Verzögerung der Behinderung wurde sowohl bei Patienten mit als auch ohne überlagernde Schübe und auf allen untersuchten Stufen der Behinderungsskala («Expanded Disability Status Skala» [EDSS] 3–6,5) nachgewiesen.

Der Nachweis der Wirksamkeit bei sekundär chronisch-progredienter MS erfolgte bei Patienten, die noch nie mit Interferonen behandelt wurden. Es ist unklar, ob Patienten mit Interferonbehandlungen in der Anamnese von einer erneuten Behandlung ebenfalls profitieren.

Schubförmig-remittierende MS

Es wurde eine kontrollierte klinische Studie (RRMS) zu Betaferon bei Patienten mit schubweise verlaufender Multipler Sklerose durchgeführt, die ohne Hilfe gehfähig waren (EDSS Wert zu Studienbeginn: 0-5,5) mit 124 Betaferon-Patienten und 123 Placebo-Patienten. Bei Patienten mit schubförmig-remittierender MS wie auch bei Patienten mit sekundär chronisch-progredienter MS wurde unter der Behandlung mit Betaferon eine Verminderung der Schubrate (30%), der Schubstärke und eine Verlängerung der schubfreien Intervalle nachgewiesen. Die Anzahl Hospitalisierungen und der Gebrauch von Steroiden im Zusammenhang mit der Erkrankung waren vermindert.

Im Weiteren stabilisierte Betaferon sowohl bei der schubförmig-remittierenden wie auch bei der sekundär chronisch-progredienten MS das Gesamtläsionsvolumen, das mit T2-gewichteten MRI-Aufnahmen gemessen wurde. Den gleichen Effekt hat Betaferon bei der sekundär chronisch-progredienten MS auch auf die Aktivität der Läsionen, die in einer Patienten-Untergruppe mit kontrastmittelverstärkten (Gd-DTPA) T1-gewichteten MRI-Aufnahmen monatlich gemessen wurde.

Erstmaliges, auf eine MS hinweisendes demyelinisierendes Ereignis

Diese Studie (BENEFIT) wurde mit 292 Betaferon- und 176 Placebo-Patienten durchgeführt und bestand aus zwei Phasen: einer Placebo-kontrollierten Phase mit anschliessender, vorgeplanter Follow-up-Phase. Die Placebo-kontrollierte Phase dauerte 2 Jahre oder bis zur Entwicklung einer klinisch gesicherten MS (clinically definite multiple sclerosis, CDMS), je nachdem, welches Ereignis früher eintrat.

In der Placebo-kontrollierten Phase verzögerte Betaferon das Fortschreiten vom ersten klinischen Ereignis hin zu einer CDMS in statistisch signifikanter und klinisch relevanter Weise, entsprechend einer Risikoreduktion von 47%. Eine post-hoc Analyse (korrigiert für Standard Baseline-Kovariaten) ergab eine Risikoreduktion von 50%. Innerhalb von zwei Jahren kam es bei 45% der Patienten der Placebogruppe gegenüber 28% der Patienten der Betaferon-Gruppe zu einer CDMS (Kaplan-Meier-Analyse). Betaferon verlängerte die Zeit bis zu einer CDMS um 363 Tage, und zwar von 255 Tagen in der Placebogruppe auf 618 Tage in der Betaferon-Gruppe (basierend auf der 25. Perzentile).

Die Robustheit des Behandlungseffekts zeigte sich auch in der Verzögerung des Fortschreitens der Erkrankung hin zu einer MS gemäss den Kriterien nach McDonald, entsprechend einer Risikoreduktion von 43% bzw. 46% basierend auf einer post-hoc Analyse korrigiert für Standard Baseline-Kovariaten.

Nach der Placebo-kontrollierten Phase nahmen die Patienten an einer vorher geplanten Follow-Up-Phase mit Betaferon teil. So konnte der Effekt einer frühen Betaferon-Behandlung im Vergleich zu einem verzögerten Beginn untersucht werden. Dabei wurden Patienten verglichen, die zu Studienbeginn randomisiert Betaferon (Gruppe mit sofortiger Behandlung) oder Placebo (Gruppe mit verzögerter Behandlung) erhielten. Patienten und Prüfer blieben bezüglich der Zuteilung der Erstbehandlung weiterhin verblindet. Zwei im Voraus geplante Analysen beinhalteten integrierte Studienergebnisse aus der Placebo-kontrollierten Phase so wie aus der Follow-up-Phase nach drei bzw. fünf Jahren.

Der Behandlungseffekt auf Progredienz hin zu einer CDMS war auch nach der vollen Follow-up-Zeit messbar. Über drei Jahre betrug die Risikoreduktion für die Gruppe mit früh behandelten Patienten 41% und über fünf Jahre 37%. Nach drei Jahren entwickelten 51% der Patienten der Gruppe mit verzögerter Behandlung gegenüber 37% der Patienten der Gruppe mit früher Behandlung eine CDMS (Kaplan-Meier-Analyse). Dieser Effekt war auch nach fünf Jahren nachweisbar: Bei 57% der Patienten der Gruppe mit verzögerter Behandlung und bei 46% der Patienten der Gruppe mit früher Behandlung wurde eine CDMS diagnostiziert. Obwohl die Mehrheit der Patienten der Placebogruppe ab dem dritten Studienjahr mit Betaferon behandelt wurden, konnte ein anhaltender Behandlungseffekt beobachtet werden.

Pharmakokinetik

Wirkstoff-Serumspiegel wurden in Patienten und freiwilligen Versuchspersonen mit Hilfe eines nicht vollständig spezifischen Bioassays verfolgt.

Absorption

Maximale Serumkonzentrationen von etwa 40 lU/ml wurden 1–8 Stunden nach subkutaner Injektion von 16 Millionen IU (500 Mikrogramm) Interferon beta-1b ADNr gefunden.

Distribution

Das mittlere Steady-state-Verteilungsvolumen nach intravenöser Gabe von 16 Millionen IU (500 Mikrogramm) Interferon beta-1b ADNr wurde mit 2,9 l/kg berechnet.

Wirkstoffinjektionen im Abstand von zwei Tagen führen nicht zur Kumulation des Wirkstoffs im Serum, und die Pharmakokinetik scheint sich unter Therapie nicht zu verändern.

Metabolismus

Spezifische Studien zum Metabolismus von Betaferon wurden nicht durchgeführt. Betaferon ist ein Protein mit sehr hoher Strukturhomologie zum natürlichen β-lnterferon. Damit ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Betaferon über die gleichen enzymatischen Wege wie das natürliche β-lnterferon inaktiviert und metabolisiert wird. Zur Geschwindigkeit des Abbaus der Substanz siehe unter «Elimination».

Elimination

In verschiedenen Studien wurde eine mittlere systemische Clearance von bis zu 30 ml/min/kg gefunden. Die apparente terminale Halbwertszeit von Interferon beta-1b ADNr aus Serum beträgt im Mittel bis zu 5 Stunden.

Kinetik spezieller Patientengruppen

Die Pharmakokinetik von Interferon beta-1b ADNr bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion wurde bislang nicht untersucht.

Präklinische Daten

Es wurden keine Studien zur akuten Toxizität durchgeführt. Da die Spezifität von humanem Interferon-beta auf Menschen und nicht-menschliche Primaten begrenzt ist, beruht die Risikoabschätzung auf Untersuchungen mit wiederholter Gabe an Rhesusaffen. Man beobachtete eine vorübergehende Hyperthermie sowie einen signifikanten vorübergehenden Lymphozytenanstieg und eine signifikante vorübergehende Abnahme der Thrombozyten und segmentkernigen Neutrophilen. Es wurden keine Langzeitstudien durchgeführt. In einer Genotoxizitätsstudie (Ames-Test) wurde keine mutagene Wirkung beobachtet. Reproduktionsstudien an Rhesusaffen zeigten eine maternale Toxizität und erhöhte Abortraten beim 3-Fachen (bezogen auf die Körperoberfläche) der humanen Dosis von 0,25 mg. An den überlebenden Tieren wurden keine Missbildungen beobachtet, auch nicht bei Gewebeproben, die nach Abort oder Hysterotomie gewonnen wurden. Untersuchungen zur Fertilität wurden nicht durchgeführt. Es zeigte sich kein Einfluss auf den östrogenen Zyklus des Affen.

Karzinogenitätsstudien wurden nicht durchgeführt. Ein In-vitro-Zelltransformationstest ergab keinen Hinweis auf ein onkogenes Potenzial.

Sonstige Hinweise

Haltbarkeit

Das Arzneimittel darf nur bis zu dem mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.

Besondere Lagerungshinweise

Nicht über 25 °C lagern. Nicht einfrieren.

In der Originalpackung aufbewahren.

Ausser Reichweite von Kindern aufbewahren.

Hinweise für die Handhabung

Die Rekonstitution darf nur mit dem mitgelieferten Lösungsmittel (Fertigspritze mit NaCI-Lösung 0,54% m/V) erfolgen.

Zur Rekonstitution des Iyophilisierten Interferon beta-1b ADNr werden die 1,2 ml des mitgelieferten Lösungsmittels (Natriumchlorid-Lösung, 0,54% m/V) aus der Fertigspritze mittels eines Adapters in die Betaferon-Durchstechflasche überführt, was eine Konzentration von 8 Mio. IU/ml ergibt. Das Arzneimittel ist ohne Schütteln vollständig zu lösen. Vor der Verwendung ist die rekonstituierte Lösung visuell zu prüfen. Sie ist zu verwerfen, wenn sie Partikel enthält oder verfärbt ist.

Nach Rekonstitution gemäss Anweisung bis zu 3 Stunden bei 2–8 °C haltbar.

Zulassungsnummer

53225 (Swissmedic).

Packungen

Betaferon Trockensub Durchstfl c solv (Fertigspr 1,2 ml) 15 (B)

Zulassungsinhaberin

Bayer (Schweiz) AG, Zürich.

Stand der Information

März 2023.