Fachinformation

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Aggrastat®

Zusammensetzung

Wirkstoff: Tirofiban.

Hilfsstoffe: Zitronensäure-Anhydrat, Natriumzitrat-Dihydrat und Natriumchlorid, Wasser zu Injektionszwecken q.s.. Der pH liegt zwischen 5,5 bis 6,5 und wurde wenn nötig mit HCl und/oder NaOH eingestellt.

Galenische Form und Wirkstoffmenge pro Einheit

Infusionslösung

250 ml der iso-osmotischen Lösung Aggrastat zur intravenösen Injektion enthalten 12.5 mg Tirofiban als Tirofiban Hydrochlorid-Monohydrat (entsprechend 0.05mg/ml).

Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten

Aggrastat ist in Kombination mit Heparin und Acetylsalicylsäure bei erwachsenen Patienten mit akutem Koronarsyndrom ohne ST-Strecken-Hebung (NSTE-ACS) indiziert. Aggrastat ist auch angezeigt zur Reduktion schwerer kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom, bei denen eine perkutane Koronararterienintervention (PCI), einschliesslich einer primären PCI für Patienten mit ST-Hebungs Myokardinfarkt (STEMI), vorgesehen ist.

Dosierung/Anwendung

Dieses Arzneimittel ist ausschliesslich für die Anwendung durch Ärzte, die ausreichend Erfahrung in der Behandlung akuter Koronarsyndrome haben, bestimmt.

Dosierung:

Bei Patienten mit NSTE-ACS, für die innerhalb der ersten 4 Stunden nach der Diagnose eine PCI geplant ist, sowie bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt, bei denen eine primäre PCI vorgesehen ist, sollte Aggrastat zu Beginn der PCI als Initialbolus von 25 Mikrogramm/kg über 3 Minuten verabreicht werden, gefolgt von einer kontinuierlichen Erhaltungsinfusion mit einer Rate von 0,15 Mikrogramm/kg/min über 12 bis 24, und bis zu 48 Stunden.

Bei Patienten, die mit einer frühinvasiven Strategie bei NSTE-ACS behandelt werden, bei denen aber mindestens innerhalb der nächsten 4 Stunden und bis zu 48 Stunden nach der Diagnose keine Angiographie vorgesehen ist, sollte Aggrastat nach erfolgter Diagnose, zusammen mit Heparin, mit einer initialen Infusionsrate von 0,4 Mikrogramm/kg/min für 30 Minuten intravenös verabreicht werden. Nach Beendigung dieser initialen Infusion sollte die Gabe von Aggrastat mit einer Erhaltungsinfusion von 0,1 Mikrogramm/kg/min fortgesetzt werden. Die Behandlungsdauer der Erhaltungsinfusion sollte mindestens 48 Stunden betragen. Die Infusion von Aggrastat und Heparin kann während einer Koronarangiographie fortgesetzt werden und sollte mindestens 12 und maximal 24 Stunden nach einer Angioplastie/Atherektomie beibehalten werden. Die gesamte Behandlungsdauer sollte 108 Stunden nicht überschreiten.

Begleittherapie (Heparin, orale Thrombozytenaggregationshemmer)

Aggrastat soll mit Heparin und, sofern nicht kontraindiziert, oralen Thrombozytenaggregationshemmern (einschliesslich Acetylsalicylsäure) angewendet werden. Diese Medikation soll zumindest für die Dauer der Infusion von Aggrastat fortgesetzt werden.

Wenn eine Angioplastie durchgeführt werden muss, soll Heparin nach der PCI gestoppt werden; die Schleusen sollen gezogen werden, sobald sich die Gerinnung normalisiert hat, z.B. wenn die aktivierte Gerinnungszeit (ACT) weniger als 180 Sekunden beträgt oder 2-6 Stunden nach Absetzen von Heparin (vgl. «Eigenschaften/Wirkungen»).

Die Richtlinien für die Dosierungsanpassungen nach Körpergewicht sind in der untenstehenden Tabelle 1 aufgeführt:

Tabelle 1: Dosierungstabelle

 

Initialdosis-Regime mit 0,4 Mikrogramm/kg/min

Bolus-Regime mit 25 Mikrogramm/kg

Normale Patienten

Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz

Normale Patienten

Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz

Körpergewicht
(kg)

30 Min
Initiale Infusions
rate
(ml/h)

Erhaltungs-Infusion
(ml/h)

30 Min
Initiale Infusions
rate
(ml/h)

Erhaltungs-Infusion
(ml/h)

Bolus
(ml)

Erhaltungs
Infusions
rate
(ml/h)

Bolus
(ml)

Erhaltungs Infusionsrate
(ml/h)

30-37

16

4

8

2

17

6

8

3

38-45

20

5

10

3

21

7

10

4

46-54

24

6

12

3

25

9

13

5

55-62

28

7

14

4

29

11

15

5

63-70

32

8

16

4

33

12

17

6

71-79

36

9

18

5

38

14

19

7

80-87

40

10

20

5

42

15

21

8

88-95

44

11

22

6

46

16

23

8

96-104

48

12

24

6

50

18

25

9

105-112

52

13

26

7

54

20

27

10

113-120

56

14

28

7

58

21

29

10

121-128

60

15

30

8

62

22

31

11

129-137

64

16

32

8

67

24

33

12

138-145

68

17

34

9

71

25

35

13

146-153

72

18

36

9

75

27

37

13

Spezielle Dosierungsanweisungen

Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz

Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz (Kreatininclearance <30 ml/min) sollte die Dosis von Aggrastat um 50% reduziert werden (vgl. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen, Schwere Niereninsuffizienz» und «Pharmakokinetik, Patientencharakteristika, Niereninsuffizienz»).

Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz

Bei diesen Patienten liegen keine Daten vor.

Andere Patientengruppen

Für ältere Patienten oder weibliche Patienten wird keine Dosisanpassung empfohlen.

Pädiatrie

Bei Kindern und Jugendlichen (<18 Jahre) liegen keine Erfahrungen vor.

Hinweise für die Handhabung: siehe «Sonstige Hinweise».

Kontraindikationen

Aggrastat ist bei Patienten, die eine Überempfindlichkeit auf irgendeinen Bestandteil des Arzneimittels zeigen, kontraindiziert.

Da die Hemmung der Plättchenaggregation das Blutungsrisiko verstärkt, ist Aggrastat bei Patienten mit aktiver oder kürzlich (innerhalb der letzten 30 Tage vor der Behandlung) zurückliegender klinisch relevanter innerer Blutung (z.B. gastrointestinaler Blutung), anamnestisch bekanntem Schlaganfall innerhalb der letzten 30 Tage oder jeglichem hämorrhagischen Schlaganfall in der Vorgeschichte, sowie bei Patienten mit einer intrakraniellen Erkrankung (z.B. intrakranieller Neubildung, arteriovenöser Fehlbildung oder Aneurysma) in der Vorgeschichte kontraindiziert. Ferner bei Patienten, bei welchen bereits früher nach Aggrastat eine Thrombozytopenie auftrat.

Ebenso bei Patienten mit maligner Hypertonie, relevantem Trauma oder grösserem Trauma oder grösserem operativen Eingriff (<6 Wochen), Thrombozytopenie (Thrombozytenzahl unter 100'000/mm3), Störungen der Plättchenfunktion, Gerinnungsstörungen (z.B. Prothrombinzeit >1,3fache der Norm oder INR (International Normalized Ratio) >1,5) sowie Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz.

Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen

Für die im Folgenden genannten Erkrankungen bzw. Umstände liegen keine ausreichenden Therapieerfahrungen mit Aggrastat vor, jedoch ist ein erhöhtes Blutungsrisiko zu vermuten. Deshalb wird Aggrastat nicht empfohlen bei:

traumatischer oder verlängerter kardiopulmonaler Wiederbelebung, Organbiopsie oder Lithotripsie innerhalb der letzten 2 Wochen;

schwerem Trauma oder grösserem operativen Eingriff vor mehr als 6 Wochen, aber weniger als 3 Monaten;

aktivem peptischen Ulkus innerhalb der letzten 3 Monate;

schwerer, nicht eingestellter Hypertonie (systolischer Blutdruck über 180 mm Hg und/oder diastolischer Blutdruck über 110 mm Hg);

akuter Perikarditis;

aktiver oder anamnestisch bekannter Vaskulitis;

Anamnese, Symptomen oder Hinweisen auf Aortendissektion;

hämorrhagischer Retinopathie;

okkultem Blut im Stuhl oder Hämaturie;

intra-aortaler Ballonpumpe;

Thrombolyse-Therapie;

gleichzeitiger Gabe von Arzneimitteln, die das Blutungsrisiko relevant erhöhen (vgl. Wechselwirkungen).

Bei folgenden Patienten soll Aggrastat mit Vorsicht eingesetzt werden:

innerhalb der letzten 12 Monate aufgetretene, klinisch bedeutsame gastrointestinale oder urogenitale Blutung;

bekannte Koagulopathie, Thrombozytopathie oder Thrombozytopenie in der Anamnese;

Thrombozytenzahl unter 150'000/mm3;

zerebrovaskuläre Erkrankung innerhalb des letzten Jahres;

kürzlich durchgeführte epidurale Eingriffe, z.B. Epiduralanästhesie, Spinalpunktion;

chronische Hämodialyse;

Punktion eines nicht komprimierbaren Gefässes innerhalb der letzten 24 Stunden;

Schwere akute oder chronische Herzinsuffizienz;

Kardiogener Schock;

Geringe bis mässige Leberinsuffizienz;

Hämoglobin-Konzentration unter 11 g/dl bzw. Hämatokrit <34%;

Gleichzeitige Gabe von Nicht-Thienopryridin P2Y12-Inhibitoren, Adenosin, Dipyridamol, Sulfinpyrazon und Prostacyclin.

Vorsichtsmassnahmen wegen Blutungsgefahr

Da Aggrastat die Plättchenaggregation hemmt, sollte es mit Vorsicht verwendet werden, wenn gleichzeitig andere Medikamente (orale Antikoagulantien) verabreicht werden, welche die Hämostase beeinflussen. Die Sicherheit von Aggrastat, wenn es zusammen mit thrombolytischen Medikamenten eingesetzt wird, ist nicht erwiesen.

Während der Therapie mit Aggrastat sollten die Patienten in Bezug auf mögliche Blutungen überwacht werden. Wenn eine Behandlung bei Blutung erforderlich ist, sollte das Absetzen von Aggrastat und die Gabe von Transfusionen erwogen werden.

Über lebensbedrohliche Blutungen wurde berichtet (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).

Überwachung der Laborwerte: Thrombozytenzahl, Hämoglobin und Hämatokrit sollten vor Beginn der Behandlung, innerhalb von 6 Stunden nach Bolus oder Sättigungsinfusion, und danach mindestens einmal täglich während der Behandlung mit Aggrastat (oder häufiger bei Zeichen einer Verschlechterung) kontrolliert werden. Eine frühere Überwachung der Thrombozytenzahl sollte bei Patienten in Betracht gezogen werden, die vorher bereits GP IIb/IIIa-Rezeptor-Antagonisten erhalten haben. Falls die Thrombozytenzahl auf weniger als 90'000/mm3 abfällt, sollten weitere Kontrollen durchgeführt werden, um eine Pseudothrombozytopenie auszuschliessen. Wird eine Thrombozytopenie bestätigt, so sollen Aggrastat und Heparin abgesetzt und der Patient der Situation entsprechend überwacht und behandelt werden.

Zusätzlich sollte vor der Behandlung die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (APTT) bestimmt werden und der Antikoagulationseffekt von Heparin sollte sorgfältig mittels wiederholten APTT-Bestimmungen überwacht und die Dosis entsprechend angepasst werden. Potentiell lebensbedrohliche Blutungen können besonders dann auftreten, wenn Heparin gleichzeitig mit anderen Medikamenten wie GP IIb/IIIa-Rezeptor-Antagonisten verabreicht wird, welche die Hämostase beeinflussen.

Schwere Niereninsuffizienz

In klinischen Studien wurde bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz (Kreatininclearance <30 ml/min) eine erniedrigte Plasma-Clearance von Aggrastat festgestellt. Die Dosis von Aggrastat sollte bei diesen Patienten reduziert werden (vgl. «Dosierung/Anwendung» und «Pharmakokinetik»).

Kinder und Jugendliche

Es existieren keine Therapieerfahrungen mit Aggrastat bei Kindern, so dass die Anwendung von Aggrastat bei diesen nicht empfohlen wird.

Interaktionen

Aggrastat wurde in Bezug auf Interaktionen mit oralen Thrombozytenaggregationshemmern (einschliesslich Acetylsalicylsäure) und Heparin gründlich untersucht.

Die Verabreichung von Aggrastat in Kombination mit Heparin und Acetylsalicylsäure hatte vermehrt Blutungen zur Folge im Vergleich zu Heparin und Acetylsalicylsäure allein (vgl. «Unerwünschte Wirkungen»). Bei der gleichzeitigen Anwendung von Aggrastat, Heparin, Acetylsalicylsäure und Clopidogrel kam es zu vergleichbaren Blutungsraten als wenn nur Heparin, Acetylsalicylsäure und Clopidogrel gemeinsam angewendet wurden. Bei der Verwendung von Aggrastat zusammen mit anderen, die Blutgerinnung beeinflussenden Medikamenten (z.B. Warfarin) ist Vorsicht geboten (vgl. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen, Vorsichtsmassnahmen wegen Blutungsgefahr»).

In klinischen Studien wurde Aggrastat gleichzeitig mit Betablockern, Kalziumantagonisten, nichsteroidalen Entzündungshemmern und Nitraten verwendet, ohne dass klinisch signifikante Interaktionen festgestellt worden wären.

Bei einer Untergruppe von Patienten (n=762) in der PRISM Studie konnte keine klinisch signifikante Auswirkung auf die Plasmaclearance von Tirofiban festgestellt werden durch: Acebutol, Acetaminophen, Alprazolam, Amlodipin, Aspirinpräparate, Atenolol, Bromazepam, Captopril, Diazepam, Digoxin, Diltiazem, Docusat-Natrium, Enalapril, Furosemid, Glyburid, Heparin, Insulin, Isosorbid, Levothyroxin, Lorazepam, Lovastatin, Metoclopramid, Metoprol, Morphin, Nifedipin, Nitratpräparate, Omeprazol, Oxazepam, Kaliumchlorid, Propranolol, Ranitidin, Simvastatin, Sucralfat und Temazepam.

Schwangerschaft/Stillzeit

Schwangerschaft

Es liegen keine adäquaten, kontrollierten Studien an Schwangeren vor. Aggrastat sollte während der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden, es sei denn, dies ist eindeutig erforderlich.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Aggrastat in die menschliche Milch ausgeschieden wird. Während der Anwendung von Aggrastat soll nicht gestillt werden.

Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen

Es bestehen keine Hinweise, dass Aggrastat die Fahrtüchtigkeit oder das Bedienen von Maschinen beeinflusst.

Unerwünschte Wirkungen

Zusammenfassung des Sicherheitsprofils

Die häufigsten berichteten Nebenwirkungen, die bei gleichzeitiger Gabe von Aggrastat und Heparin, Aspirin und anderen oralen Thrombozytenaggregationshemmern auftraten, waren Blutungen; meist handelte es sich um geringgradige Schleimhautblutungen oder geringgradige Blutungen an Kathetereinführstellen.

Ebenfalls berichtet wurden gastrointestinale, retroperitoneale und intrakranielle Blutungen, Hämorrhoidalblutungen und postoperative Blutungen, epidurale Hämatome im Bereich der Wirbelsäule, Hämoperikard und pulmonale (alveoläre) Blutungen. Die Rate starker und intrakranieller Blutungen gemäss TIMI-Kriterien lag in den zulassungsrelevanten Aggrastat-Studien bei <2,2% bzw. <0,1%. Die schwerste Nebenwirkung waren tödliche Blutungen.

In den zulassungsrelevanten Studien war die Gabe von Aggrastat mit Thrombozytopenie (Thrombozytenzahl <90'000/mm3) assoziiert; diese trat bei 1,5% der mit Aggrastat und Heparin behandelten Patienten auf. Die Inzidenz schwerer Thrombozytopenie (Thrombozytenzahl <50'000/mm3) betrug 0,3%. Die häufigsten nicht blutungsbezogenen Nebenwirkungen von Aggrastat bei gleichzeitiger Gabe von Heparin waren Übelkeit (1,7%), Fieber (1,5%) und Kopfschmerzen (1,1%).

Tabellierte Daten

Tabelle 2 führt alle Nebenwirkungen auf, die auf Erfahrungen aus sechs doppelblinden, kontrollierten klinischen Studien (mit 1953 Patienten, die Aggrastat und Heparin erhielten) beruhen, sowie zusätzlich auch die Nebenwirkungen, über die nach der Markteinführung berichtet wurde. Innerhalb der Organsysteme sind die Nebenwirkungen nach der Häufigkeit mit folgender Einteilung aufgeführt: sehr häufig (>1/10), häufig (>1/100, <1/10), gelegentlich (>1/1'000, <1/100), selten (>1/10'000, <1/1'000), sehr selten (<1/10'000), nicht bekannt (kann anhand der verfügbaren Daten nicht abgeschätzt werden). Da Nebenwirkungen nach Markteinführung auf freiwilliger Basis aus einer Population unbekannter Grösse gemeldet werden, ist es nicht möglich, deren Häufigkeit abzuschätzen. Daher wird die Häufigkeit dieser Nebenwirkungen als «nicht bekannt» eingestuft.

Tabelle 2: Nebenwirkungen aus klinischen Studien und von Berichten nach der Markteinführung

Systemorganklasse

Sehr häufig

Häufig

Gelegentlich

Nicht bekannt

Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems

 

 

 

Akuter und/oder schwerer Thrombozytenabfall (<20'000/mm3)

Erkrankungen des Immunsystems

 

 

 

Schwere allergische Reaktion, einschliesslich. anaphylaktische Reaktion

Erkrankungen des Nervensystems

Kopfschmerz

 

 

Intrakranielle Blutung, spinal-epidurales Hämatom

Herzerkrankungen

 

 

 

Perikarderguss

Gefässerkrankungen

Hämatom

 

 

 

Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums

 

Hämoptyse, Epistaxis

 

Lungen-/ Alveolar-Blutung

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Übelkeit

Zahnfleischbluten, Blutung im Mundraum

Gastrointestinale Blutung, Hämatemese

Retroperitoneale Blutung

Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes

Ekchymose

 

 

 

Erkrankungen der Nieren und Harnwege

 

Hämaturie

 

 

Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort

 

Fieber

 

 

Verletzung, Vergiftung und Beschwerden am Verabreichungsort

Post-operative Blutung*

Blutung an der Punktionsstelle

 

 

Untersuchungen

Okkultes Blut in Urin und Fäzes

Hämatokrit-/ Hämoglobin- Abnahme, Thrombozytopenie (<90'000/mm3)

Thrombozytopenie (<50'000/mm3)

 

* Hauptsächlich an der Katheterschleuse.

Beschreibung ausgewählter Nebenwirkungen

Blutungen

Sowohl bei der 0,4 Mikrogramm/kg/min Infusionsbehandlung mit Aggrastat als auch beim 25 Mikrogramm/kg/Bolusdosis-Regime ist die Rate starker Blutungskomplikationen niedrig und nicht signifikant erhöht.

In der PRISM-PLUS-Studie, in der das 0.4 Mikrogramm/kg/min Infusions-Regime mit Aggrastat angewendet wurde, war die Inzidenz starker Blutungen gemäss TIMI-Kriterien 1,4% bei Aggrastat in Kombination mit Heparin und 0,8% bei Heparin allein. Die Inzidenz schwacher Blutungen gemäss TIMI-Kriterien war 10,5% bei Aggrastat in Kombination mit Heparin und 8,0% bei Gabe von Heparin allein. Der Prozentsatz der Patienten mit Transfusionen war 4,0% bei Aggrastat in Kombination mit Heparin und 2,8% bei Heparin allein.

Für das Bolus-Regime mit 25 Mikrogramm/kg Aggrastat legen die Daten der ADVANCE-Studie nahe, dass die Anzahl der Blutungsereignisse gering und im Vergleich zur Placebo-Gruppe nicht signifikant erhöht ist. In beiden Gruppen gab es weder starke Blutungen gemäss TIMI-Kriterien noch Transfusionen. Schwache Blutungen gemäss TIMI-Kriterien traten bei der Anwendung des 25 Mikrogramm/kg Aggrastat-Bolus-Regime bei 4% der Patienten verglichen mit 1% in der Placebo-Gruppe auf (p=0,19).

In der On-TIME 2 Studie wurden keine signifikanten Unterschiede der Inzidenz von starken TIMI Blutungen (3,4% vs 2,9% p=0,58) und schwachen TIMI Blutungen (5,9% vs 4,4%; p=0,206) zwischen dem Aggrastat Bolus-Regime mit 25 Mikrogramm/kg und der Kontrollgruppe beobachtet.

Die Inzidenz schwerer (2,4% vs 1,6%; p=0,44) oder leichter Blutungen (4,8% vs 6,2%; p=0,4) gemäss TIMI-Kriterien waren auch zwischen dem Aggrastat 25 Mikrogramm/kg Bolusdosis-Regime und einer Standarddosis von Abciximab, die in der MULTISTRATEGY Studie verglichen wurden, nicht signifikant unterschiedlich.

Blutungskomplikationen mit Aggrastat wurden im Rahmen einer Meta-Analyse (N=4076 ACS Patienten) bewertet. Die Inzidenz schwerer Blutungen oder von Thrombozytopenie war mit dem Aggrastat 25 Mikrogramm/kg Bolus-Regime im Vergleich zur Placebo-Gruppe nicht signifikant erhöht. Bezüglich des Vergleiches des Aggrastat 25 Mikrogramm/kg Bolus-Regimes mit Abciximab deuten individuelle Studien auf keinen signifikanten Unterschied starker Blutungskomplikationen zwischen beiden Therapien hin.

Thrombozytopenie

Bei einer Therapie mit Aggrastat traten akute Abfälle der Thrombozytenzahl oder eine Thrombozytopenie häufiger als unter Placebo auf. Diese Verminderungen waren nach Absetzen von Aggrastat reversibel. Bei wiederholter Gabe von GPIIb/IIIa-Rezeptorantagonisten wurden, auch bei Patienten ohne vorherige Thrombozytopenie in der Anamnese, akute und starke Verminderungen der Thrombozytenzahl (Thrombozytenzahl <20'000/mm3) beobachtet; diese können von Schüttelfrost, leichtem Fieber oder Blutungskomplikationen begleitet sein.

Eine Analyse von Studien, die das Aggrastat 25 Mikrogramm/kg Bolus-Regime mit Abciximab verglichen, zeigte signifikant weniger Thrombozytopenien mit Aggrastat (0,45% vs 1,7%; OR=0,31; p=0,004).

Allergische Reaktionen

Schwere allergische Reaktionen (z.B. Bronchospasmus, Urtikaria) einschliesslich anaphylaktische Reaktionen traten sowohl während der Initialinfusion (auch schon am ersten Tag) als auch während einer wiederholten Anwendung von Aggrastat auf. Einige Fälle waren mit schweren Thrombozytopenien (Thrombozytenzahl <10'000/mm3) assoziiert.

Überdosierung

Während der klinischen Versuche kam es unbeabsichtigterweise zu Überdosierungen von Tirofiban, und zwar bis zum Fünffachen der empfohlenen Dosis für den initialen Bolus, und bis zum Doppelten der empfohlenen Dosis für die Aufsättigungsinfusion. Unbeabsichtigte Überdosierungen kamen vor in Dosen, welche 9,8 mal höher waren, als die für die Erhaltungsinfusion empfohlenen 0,15 Mikrogramm/kg/min.

Das am häufigsten registrierte Symptom einer Überdosierung war die Blutung; in erster Linie waren es kleinere Haut-Schleimhautblutungen und leichtere Blutungen am Eintrittsort des Herzkatheters (vgl. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen, Vorsichtsmassnahmen wegen Blutungsgefahr»).

Eine Überdosierung von Tirofiban sollte anhand des klinischen Zustandes des Patienten durch Absetzen oder Dosisanpassung der Tirofibaninfusion behandelt werden.

Aggrastat kann durch Hämodialyse aus dem Organismus entfernt werden.

Eigenschaften/Wirkungen

ATC-Code: B01AC17

Thrombozyten-Aktivierung, -Adhäsion und -Aggregation sind entscheidende initiale Schritte bei der Bildung eines arteriellen Thrombus, welcher die rupturierte atherosklerotische Plaque bedeckt. Die Thrombusbildung ist ein zentraler Vorgang in der Pathophysiologie der akuten koronaren Ischämiesyndrome bei instabiler Angina pectoris und beim Myokardinfarkt, ebenso wie bei kardialen ischämischen Komplikationen nach Koronarangioplastie.

Tirofiban ist ein nicht-peptidischer Antagonist des GP IIb/IIIa-Rezeptors, dem wichtigsten Thrombozyten-Oberflächenrezeptor bei der Thrombozyten-Aggregation. Tirofiban verhindert die Bindung von Fibrinogen an GP IIb/IIIa und blockiert auf diese Weise die Thrombozyten-Adhäsion und -Aggregation.

Die gleichzeitige Verabreichung einer Aggrastat Infusion (0,15 Mikrogramm/kg/min über 4 Stunden) und Acetylsalicylsäure hat eine nahezu maximale Thrombozyten-Aggregations-Hemmung und zusätzlich eine leichte Verlängerung der Blutungszeit zur Folge.

Bei Patienten mit instabiler Angina pectoris bewirkt die intravenöse Infusion mit Aggrastat (Aufsättigungsinfusion mit 0,4 Mikrogramm/kg/min über 30 Minuten, gefolgt von 0,1 Mikrogramm/kg/min bis zu 48 Stunden, unter gleichzeitiger Verabreichung von Heparin und Acetylsalicylsäure) eine nahezu 90%ige Hemmung der Thrombozytenaggregation im Median mit einer 2,9-fachen Verlängerung der Blutungszeit während der Infusion. Die Hemmung wurde während der 30-minütigen Aufsättigungsinfusion rasch erreicht und blieb während der gesamten Infusionsdauer erhalten. Nach Absetzen der Aggrastat Infusion kehrt die Thrombozytenfunktion in Kürze wieder zum Ausgangswert zurück.

Das Aggrastat-Bolus-Regime (Initialbolus von 25 Mikrogramm/kg gefolgt von einer Erhaltungsinfusion von 0,15 Mikrogramm/kg/min, in Gegenwart von Heparin und oralen Thrombozytenaggregationshemmern) erzielte 15-60 Minuten nach Behandlungsbeginn eine durchschnittliche Inhibition der ADP-induzierten maximalen Aggregation von 92–95% gemessen mit Licht-Transmissions-Aggregometrie (LTA).

PRISM PLUS-Studie

In der PRISM PLUS Studie (n=1'570) wurden Patienten mit instabiler Angina pectoris oder Non-Q-Wave-Myokardinfarkt randomisiert in eine Gruppe mit Aggrastat und Heparin oder Heparin allein. Alle Patienten erhielten gleichzeitig Acetylsalicylsäure, sofern keine Kontraindikation bestand. Die Behandlung mit Aggrastat setzte innerhalb von 12 Stunden nach der letzten Episode von Thoraxschmerzen ein. Die Patienten wurden zunächst über 48 Stunden behandelt. Anschliessend wurden (sofern indiziert) Angiographie und Angioplastie/Atherektomie durchgeführt und dabei die Behandlung mit Aggrastat fortgeführt. Nach Beendigung der Angioplastie/Atherektomie wurde die Behandlung mit Aggrastat noch 12-24 Stunden fortgeführt. Insgesamt wurde Aggrastat in der Studie über 48-108 Stunden infundiert (Durchschnitt 71.3 Stunden).

Daher kann Aggrastat während einer Koronarangiographie, Koronarangioplastie oder Atherektomie weiter verabreicht werden, sollten diese Eingriffe erforderlich sein.

Am primären Endpunkt (refraktäre Ischämie, erneuter Myokardinfarkt und Tod 7 Tage nach Beginn der Gabe von Aggrastat) war das Risiko insgesamt um 32% reduziert, das Risiko eines Myokardinfarkts um 47% reduziert und das Risiko von Myokardinfarkt oder Tod um 43% reduziert. In dieser Studie war der Nutzen unabhängig von Alter oder Geschlecht nachweisbar. Der frühe klinische Nutzen blieb im Allgemeinen nach 30 Tagen und nach 6 Monaten erhalten.

In einer Substudie ergab sich eine signifikante Abnahme in der Ausdehnung des angiographisch nachweisbaren Thrombus bei Patienten, welche mit Aggrastat in Kombination mit Heparin behandelt wurden, gegenüber denjenigen, welche nur Heparin erhielten. Zudem war der Fluss in der betroffenen Koronararterie signifikant verbessert.

ADVANCE-Studie

Die ADVANCE-Studie untersuchte die Sicherheit und Wirksamkeit des Bolus-Regimes mit 25 Mikrogramm/kg Aggrastat im Vergleich zu Placebo bei Patienten, die eine elektive oder akute PCI erhielten und die Hochrisikofaktoren aufwiesen, einschliesslich einer Verengung mindestens eines Koronargefässes von ≥70% und Diabetes, der Notwendigkeit einer Mehrgefäss-Intervention oder NSTE-ACS. Alle Patienten erhielten unfraktioniertes Heparin, Acetylsalicylsäure sowie eine Aufsättigungsdosis und die anschliessende Erhaltungstherapie eines Thienopyridins. Insgesamt wurden 202 Patienten randomisiert entweder zu Aggrastat (25 Mikrogramm/kg Bolus intravenös über 3 Minuten gefolgt von einer kontinuierlichen intravenösen Infusion von 0,15 Mikrogramm/kg/Minute für 24-48 Stunden) oder zu Placebo. Beides wurde unmittelbar vor der PCI appliziert.

Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Endpunkt aus Tod, nicht tödlich verlaufendem Myokardinfarkt, akuter Revaskularisierung des Zielgefässes (uTVR) oder einer thrombotischen Notfallbehandlung mit GP IIb/IIIa-Blockern innerhalb eines medianen Nachverfolgungszeitraums von 180 Tagen nach dem initialen Eingriff. Die Sicherheitsendpunkte hinsichtlich starker und leichter Blutungen wurden entsprechend der TIMI-Kriterien definiert.

In der Intent-to-treat-Population war die kumulative Inzidenz des primären Endpunkts 35% in der Placebo-Gruppe und 20% in der Aggrastat-Gruppe (Hazard Ratio [HR] 0,51 [95% Konfidenzintervall (CI), 0,29 bis 0,88]; p=0,01). Verglichen mit der Placebo-Gruppe gab es eine signifikante Verringerung des kombinierten Endpunktes aus Tod, Myokardinfarkt oder uTVR in der Aggrastat-Gruppe (31% vs. 20%, HR, 0,57 95% CI, 0,99–0,33]; p=0,048).

EVEREST-Studie

Die randomisierte, open-label EVEREST-Studie verglich das Upstream-Initialdosis-Regime von 0,4 Mikrogramm/kg/min, das in der kardiologischen Intensivstation begonnen wurde, mit dem Bolus-Regime von 25 Mikrogramm/kg Aggrastat oder 0,25 Milligramm/kg Abciximab, das 10 Minuten vor der PCI eingeleitet wurde. Alle Patienten erhielten ausserdem Acetylsalicylsäure und ein Thienopyridin. Die 93 eingeschlossenen NSTE-ACS-Patienten erhielten eine Angiographie und falls angezeigt eine PCI innerhalb von 24-48 Stunden nach der Aufnahme ins Krankenhaus.

Hinsichtlich der primären Endpunkte für Gewebeperfusion und Troponin I-Freisetzung zeigten die Ergebnisse der EVEREST-Studie signifikant niedrigere Raten für das Upstream-Regime für post-PCI-TMPG 0/1 verglichen mit der PCI-Bolus-Behandlung von 25 Mikrogramm/kg Aggrastat oder Abciximab (6,2% vs. 20% vs. 35,5%; p=0,015) sowie verbesserte MCE-Werte nach PCI (0,88 ± 0,18 vs. 0,77 ± 0,32 vs. 0,71 ± 0,30; p<0,05).

Die Inzidenz von erhöhtem kardialem Troponin I (cTnI) nach Intervention war bei Patienten mit der Upstream-Aggrastat-Behandlung signifikant reduziert verglichen mit der PCI-Bolus-Behandlung von 25 Mikrogramm/kg Aggrastat oder Abciximab (9,4% vs. 30% vs. 38,7%; p=0,018). Die cTnI-Werte nach PCI waren ebenfalls signifikant niedriger mit der Upstream-Aggrastat-Behandlung verglichen mit Aggrastat bei PCI (3,8 ± 4,1 vs. 7,2 ± 12; p=0,015) und Abciximab bei PCI (3,8 ± 4,1 vs. 9 ± 13,8; p=0,0002). Der Vergleich zwischen der Bolus-Behandlung mit 25 Mikrogramm/kg Aggrastat und Abciximab bei PCI zeigte keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der post-PCI-TMPG 0/1-Rate (20% vs. 35%; p=NS).

On-TIME 2-Studie

Die multizentrische, prospektive, randomisierte und kontrollierte On-TIME 2 Studie untersuchte die Wirkung einer frühen Aggrastat Vorbehandlung mit dem 25 Mikrogramm/kg Bolus-Regime bei STEMI Patienten mit geplanter primärer PCI. Alle Patienten erhielten Acetylsalicylsäure, eine 600 mg Clopidogrel Aufsättigungsdosis und unfraktioniertes Heparin. Eine Notfallbehandlung mit Aggrastat war entsprechend vorbestimmter Kriterien möglich. Die Studie wurde in zwei Phasen durchgeführt: eine Pilot, open-label Phase (n=414) gefolgt von einer grösseren, doppelblinden Phase (n=984).

Eine Gesamtanalyse der Daten aus beiden Studienphasen war prospektiv festgelegt worden, um die Wirkung des frühen 25 Mikrogramm/kg Aggrastat Bolus-Regimes im Vergleich zur Kontrollgruppe auf den primären Endpunkt, MACE (schwere unerwünschte kardiale Ereignisse: Tod, erneuter Myokardinfarkt oder notwendige Gefäss-Revaskularisation [uTVR]) nach 30 Tagen zu untersuchen.

In dieser Gesamtanalyse reduzierte die Aggrastat Vorbehandlung signifikant die MACE Inzidenz nach 30 Tagen im Vergleich zur Kontrollgruppe (5,8% vs 8,6%; p=0,043). Zusätzlich war ein starker Trend zu geringerer Mortalität jeglicher Ursache mit Aggrastat (2,2% mit Aggrastat vs 4.1% in der Kontrollgruppe; p=0,051) zu verzeichnen. Dieser Mortalitätsbenefit war hauptsächlich auf eine Reduktion kardialer Mortalität zurückzuführen (2,1% vs 3,6%; p=0,086). Die Mortalitätsdifferenz wurde bis zu einem Jahr, dem sekundären Wirksamkeitsendpunkt, aufrechterhalten (Tod jeglicher Ursache: 3,7% vs 5,8%; p=0,078 und kardiale Mortaliät: 2,5% vs 4,4%; p=0,061).

Patienten, die eine primäre PCI erhielten (86% der Studienpopulation der Gesamtanalyse), hatten mit Aggrastat im Vergleich zur Kontrollgruppe eine signifikante Mortalitätsreduktion sowohl nach 30 Tagen (1,0% vs 3,9%, p=0,001) als auch nach einem Jahr (2,4% vs 5,5%; p=0,007).

MULTISTRATEGY-Studie

Die open-label, multinationale MULTISTRATEGY Studie verglich bei STEMI Patienten mittels eines 2×2 faktoriellen Studiendesigns Aggrastat (n=372) mit Abciximab (n=372) in Verbindung mit entweder einem Sirolimus-freisetzenden (SES) oder Bare-Metal Stent (BMS). Die Therapie mit Aggrastat (25 Mikrogramm/kg Bolus gefolgt von einer Infusion von 0,15 Mikrogramm/kg/min für 18-48 Stunden) oder Abciximab (0,25 Milligramm/kg Bolus gefolgt von einer Infusion von 0,125 Mikrogramm/kg/min für 12 Stunden) wurde vor der Einführung der arteriellen Einführschleuse während der Angiographie begonnen. Alle Patienten erhielten unfraktioniertes Heparin, Acetylsalicylsäure und Clopidogrel.

Der primäre Wirksamkeitsendpunkt des Arzneimittelvergleiches war die kumulative Auflösung der ST-Strecken-Hebung, ausgedrückt als der Anteil der Patienten, der innerhalb von 90 Minuten nach dem letzten Aufblasen des Ballons eine mindestens 50%ige Auflösung erreichte. Dieser Endpunkt wurde entsprechend der Nicht-Unterlegenheits-Hypothese von Aggrastat gegenüber Abciximab untersucht.

In der Intent-to-treat-Population war der Anteil der Patienten mit mindestens 50%iger Auflösung der ST-Strecken-Hebung nicht signifikant unterschiedlich zwischen der Aggrastat-Gruppe (85,3%) und der Abciximab-Gruppe (83,6%), was die Nicht-Unterlegenheit von Aggrastat gegenüber Abciximab zeigte (RR für Aggrastat vs Abciximab, 1,020; 97,5% CI, 0,958-1,086; p<0,001 für Nicht-Unterlegenheit).

Nach 30 Tagen waren die Inzidenzraten schwerer unerwünschter kardialer Ereignisse (MACE) von Abciximab und Aggrastat ähnlich (4,3% vs 4,0%, p=0,85); dieses Ergebnis wurde auch nach 8 Monaten aufrechterhalten (12,4% vs 9,9%, p=0,30).

Meta-Analyse randomisierter Studien mit dem Aggrastat 25 Mikrogramm/kg Bolus-Regime

Die Ergebnisse einer Meta-Analyse, die die Wirksamkeit des Aggrastat 25 Mikrogramm/kg Bolus Regimes  im Vergleich zu Abciximab bei 2213 ACS-Patienten über das ACS-Spektrum (sowohl NSTE-ACS als auch STEMI-Patienten) untersuchte, ergaben keinen signifikanten Unterschied in der OR für Tod oder Myokardinfarkt nach 30 Tagen zwischen den beiden Arzneimitteln (OR 0,87 [0,56-1,35], p=0,54). Ebenso gab es keinen signifikanten Unterschied in der 30-Tages-Mortalität zwischen Aggrastat und Abciximab (OR 0,73 [0,36-1,47], p=0,38). Darüber hinaus war die Inzidenz des Endpunktes Tod oder Myokardinfarkt bei dem längsten Follow-up nicht signifikant unterschiedlich zwischen Aggrastat und Abciximab (OR 0,84 [0,59-1,21], p=0,35).

TARGET Studie

In einer Studie mit einem Aggrastat-Bolus von 10 Mikrogramm/kg gefolgt von einer Infusion mit 0,15 Mikrogramm/kg/min Aggrastat, konnte Aggrastat keine Non-Inferiority verglichen mit Abciximab zeigen: Die Inzidenz des kombinierten primären Endpunkts (Tod, Myokardinfarkt oder akute uTVR des Zielgefässes nach 30 Tagen) zeigte mit 7,6% in der Aggrastat-Gruppe und 6,0% in der Abciximab-Gruppe (p=0,038), dass Abciximab hinsichtlich klinisch relevanter Endpunkte signifikant wirksamer war, was hauptsächlich auf einem signifikanten Anstieg der Inzidenz von Myokardinfarkten innerhalb von 30 Tagen beruhte (6,9% vs. 5,4%; p=0,04).

Pharmakokinetik

Distribution

Tirofiban ist zu 65% an Plasmaproteine gebunden und die Proteinbindung ist im Bereich von 0,01 bis 25 Mikrogramm/ml konzentrationsunabhängig. Die ungebundene Fraktion von Tirofiban im menschlichen Plasma beträgt 35%. Das Verteilungsvolumen von Tirofiban im Steady state reicht von 22 bis 42 Liter. Bei Ratten und Kaninchen passiert Tirofiban die Plazenta.

Metabolismus

Das Profil von C14-markiertem Tirofiban in Urin und Faeces spricht dafür, dass die Radioaktivität vorwiegend durch unverändertes Tirofiban zustande kommt. Die Radioaktivität im zirkulierenden Plasma beruht vorwiegend auf unverändertem Tirofiban (bis zu 10 Stunden nach der Verabreichung). Diese Befunde lassen einen limitierten Metabolismus von Tirofiban vermuten.

Elimination

Nach intravenöser Verabreichung von C14-markiertem Tirofiban beim Gesunden finden sich 66% der Radioaktivität im Urin und 23% in den Faeces. Die insgesamt gemessene Radioaktivität beträgt ca. 91%. Sowohl die Ausscheidung im Urin als auch in der Galle tragen wesentlich zur Elimination von Tirofiban bei.

Beim Gesunden beträgt die Plasmaclearance von Tirofiban 213 bis 314 ml/min. Die renale Clearance beträgt 39 bis 69% der Plasmaclearance. Die Halbwertszeit reicht von 1,4 bis zu 1,8 Stunden.

Bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit beträgt die Plasmaclearance von Tirofiban 152 bis 267 ml/min. Die Nierenclearance beträgt 39% der Plasmaclearance. Die Halbwertszeit reicht von 1,9 bis zu 2,2 Stunden.

Bei der Ratte wird Tirofiban in der Milch ausgeschieden.

Kinetik in besonderen klinischen Situationen

Geschlecht

Bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit ist die Plasmaclearance von Tirofiban für Männer und Frauen gleich.

Alter

Bei älteren (>65 Jahre) Patienten mit koronarer Herzkrankheit ist die Plasmaclearance von Tirofiban um 19 bis 26% niedriger als bei jüngeren (<65 Jahre) Patienten.

Leberinsuffizienz

Bei Patienten mit einer leichten bis mittelschweren Leberinsuffizienz ist die Plasmaclearance von Tirofiban nicht signifikant verschieden von jener beim Gesunden.

Niereninsuffizienz

Die Plasmaclearance von Tirofiban ist in klinisch signifikantem Ausmass erniedrigt (>50%) bei Patienten mit einer Kreatininclearance <30 ml/min, einschliesslich jener Patienten, welche der Hämodialyse bedürfen (vgl. «Dosierung/Anwendung, Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz»). Tirofiban wird durch Hämodialyse entfernt.

Präklinische Daten

Die ungefähre LD50 von Aggrastat verabreicht als intravenöse Einzeldosis an Mäusen und Ratten war >5 mg/kg. Die Maximaldosis von 5 mg/kg (22 mal die beim Menschen empfohlene tägliche Maximaldosis) war begrenzt durch die Löslichkeit des Wirkstoffes und das maximal erreichbare Dosiervolumen. In den Studien mit intravenöser oder oraler Verabreichung wurden keine Mortalität, physische Zeichen oder medikamentenbezogene Wirkungen auf das Körpergewicht beobachtet.

Das toxische Potenzial von Tirofiban Hydrochlorid wurde in einer Reihe von Toxizitätsstudien bei Ratten und Hunden mit kontinuierlicher intravenöser Infusion bis zu 5 Wochen untersucht. Es gab keine Befunde, die eine Verabreichung im therapeutischen Dosierungsbereich bis zu 108 Stunden ausschliessen würden.

Tirofiban Hydrochlorid zeigte negative Resultate beim Mikroben-Mutagenese-Test und beim V-79 Säugetierzellen-Mutagenese-Test. Ausserdem gab es keine Anzeichen einer direkten Genotoxizität beim alkalischen Elutionstest und beim Chromosomen-Aberrationstest in vitro. Tirofiban wurde in diesen in vitro Untersuchungen bei Konzentrationen bis zu 3 mM getestet (ungefähr 20'000 mal höher als der mittlere Plasmawert, der beim Menschen im empfohlenen therapeutischen Dosierungsbereich erreicht wird). Nach Verabreichung von intravenösen Dosen bis zu 5 mg/kg (22 mal die beim Menschen empfohlene tägliche Maximaldosis) gab es keine Auslösung von Chromosomenaberrationen in Knochenmarkzellen von männlichen Mäusen.

In den Studien mit männlichen und weiblichen Ratten, welchen intravenöse Dosen von Tirofiban Hydrochlorid bis zu 5 mg/kg/Tag verabreicht wurden, sind Fertilitäts- und Reproduktionsleistung nicht beeinflusst worden. Diese Dosierungen sind ungefähr 22 mal höher als die beim Menschen empfohlene tägliche Maximaldosis.

Toxizitätsstudien bei Ratten und Kaninchen im Wachstum zeigten keine Anzeichen von Toxizität bei der Mutter oder beim Fötus. Ausserdem zeigte eine Studie zur potenziellen Toxizität beim Wachstum während der Sexualreife von Ratten in der Gebärmutter und während der Stillperiode keine medikamentenbezogene Wirkungen auf die Mortalität, das Wachstum, die Entwicklung und die sexuelle Reifung der F1 Generation. In den Studien zur Toxizität beim Wachstum wurden den Muttertieren Tirofiban Hydrochlorid in Dosen bis zu 5 mg/kg/Tag intravenös verabreicht (22 mal die beim Menschen empfohlene tägliche Maximaldosis).

Sonstige Hinweise

Inkompatibilitäten

Aggrastat darf nicht gleichzeitig mit Diazepam durch den gleichen intravenösen Zugang verabreicht werden, da bei Mischungsexperimenten Präzipitate beobachtet wurden.

Lagerung

Bei Raumtemperatur (15-25 °C) und vor Licht geschützt lagern. Nicht einfrieren.

Bitte Verfalldatum auf der Packung beachten.

Jede Packung enthält einen farblosen Freeflex® Beutel zu 250 ml. Dieser Beutel besteht aus mehrschichtigem Polyolefin-haltigem Plastikmaterial; Polyvinylchlorid- und Latex-frei. Dieser Beutel wird von einer bedruckten äusseren Umverpackung (Aluminium-Laminat) umhüllt und ist, solange diese Folie intakt ist, auf den innenliegenden Oberflächen steril und vor Licht geschützt.

Hinweise für die Handhabung

Medikamente zur intravenösen Anwendung sollten vor Gebrauch auf sichtbare Partikel und Verfärbungen überprüft werden, wenn immer die Lösung und das Behältnis dies zulassen.

Aggrastat ist nur für die intravenöse Anwendung unter sterilen Bedingungen bestimmt. Aggrastat kann mit Heparin durch den gleichen Zugang verabreicht werden.

Aggrastat kann mit Atropinsulfat, Dobutamin, Dopamin, Epinephrin, Furosemid, Lidocain, Midazolam HCl, Morphinsulfat, Nitroglycerin, Kaliumchlorid, Propranolol HCl und Famotidin durch den gleichen intravenösen Zugang verabreicht werden.

Es wird empfohlen, Aggrastat mit einem kalibrierten Infusionssystem zu verabreichen. Die Aufsättigungsinfusion (0,4 Mikrogramm/kg/min über 30 min) bzw. der Bolus (25 Mikrogramm über 3 Minuten) sollten über den angegebenen Zeitraum appliziert werden. Ebenso sollte beachtet werden, dass die zu verabreichende Dosis bzw. die Infusionsgeschwindigkeiten basierend auf dem Körpergewicht zu berechnen sind.

Anleitung für den Gebrauch von Aggrastat Infusionslösung

Die Lösung darf nicht mit einer Spritze direkt aus dem Behälter aufgezogen werden.

Zum Öffnen: Reissen Sie die Folie der Umverpackung (250 ml Infusionslösung) an den vorgestanzten Folienecken auf und entnehmen Sie den Beutel im Inneren. Durch kräftigen Druck auf den inneren Beutel soll nach kleinen Lecks gesucht werden. Falls sich Lecks finden, muss die Lösung verworfen werden, da die Sterilität nicht garantiert werden kann.

Lösung nur verwenden, wenn sie klar und der Verschluss intakt ist.

Es dürfen weder mit einer Spritze zusätzliche Medikamente zugegeben noch Flüssigkeit aus dem Beutel entfernt werden.

VORSICHT: Es dürfen nicht mehrere Behälter in Serie angeschlossen werden. Dies könnte zu Luftembolien führen, indem Luftreste aus dem ersten Behälter in die Leitung gelangen, bevor alle Flüssigkeit aus dem nächsten Behälter infundiert ist.

Vorbereitungen für die Verabreichung:

1.Identifizieren Sie den blauen Infusionsport.

2.Brechen Sie die blaue manipulationssichere Verschlusskappe am Freeflex® Infusionsport ab. Die Membran unter der Verschlusskappe ist steril – eine Desinfektion ist nicht notwendig!

3.Verwenden Sie ein Infusionsset ohne Belüftung oder schliessen Sie die Belüftungsklappe. Schliessen Sie die Rollenklemme. Setzen Sie den Einstechdorn ein, bis der blaue Kunststoffkragen des Ports an der Schulter des Einstechdorns anliegt.

 

4.Hängen Sie den Beutel an den Infusionsständer. Befüllen Sie die Tropfkammer bis zur Markierung, und anschliessend das Infusionsset. Schliessen Sie das Infusionsset an den Patientenzugang an und regulieren Sie die Fliessgeschwindigkeit.

 

Richten Sie sich bei der Anwendung nach der Dosierungstabelle (vgl. „Dosierung/Anwendung“).

Zulassungsnummer

55738 (Swissmedic)

Packungen

Infusionslösung in Freeflex® Beutel zu 250 ml (A)

Zulassungsinhaberin

Curatis AG, 4410 Liestal

Stand der Information

Februar 2018